Allgemeines
Der Vorteil der betrieblichen Altersvorsorge besteht vor allem in der Ansparphase, also in der Zeit, in der ihre Angestellten über sie als AG in die Versicherung einzahlen. Unabhängig ob vom eigenen Gehalt oder durch den Arbeitgeber finanziert, werden die Beiträge vor Steuern und Sozialabgaben abgeführt und somit aus dem Bruttogehalt bezahlt. Das hat den Vorteil, dass ein höherer Anlagebetrag mit Zins und Zinseszins angespart werden kann als dies für Ihre MFA von ihrem Nettogehalt in der Regel möglich wäre. Die Versteuerung in der Rentenphase erfolgt dann mit einem voraussichtlich niedrigeren Steuersatz. Es besteht eine Beitragspflicht zur Krankenversicherung in der Leistungsphase.
Die betriebliche Altersversorgung bietet verschiedene Möglichkeiten der Ausgestaltung. Von lebenslangen garantierten Renten, Kapitalabfindung, Hinterbliebenenversorgung bis hin zu Kombiprodukten mit Berufsunfähigkeitsversicherungen bestehen viele Alternativen. Die Auswahl treffen die Arbeitgeber.
Welche Haftungsfallen können für Mandanten entstehen und durch den Steuerberater erkannt werden?
Den meisten Arbeitgebern sind die potentiellen Haftungsfallen nicht bewusst und vor dem Hintergrund, dass Sie ihren Angestellten etwas Gutes tun möchten, ist es auch nur schwer zu erahnen, dass sich aus einer Geste der Anerkennung und Wertschätzung ein strategisches Risiko entwickeln kann. Dieser Artikel soll dabei ein erster Denkanstoß sein und verfolgt die Intention, zur Sensibilisierung beizutragen und auf haftungsrelevante Themen aufmerksam zu machen.
Ein erster Überblick
I. Der AG haftet für die von ihm zugesagten Versorgungszusagen – auch bei der Übernahme bestehender Versorgungszusagen. Sogar auch dann, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Entgeltumwandlung arbeitnehmerfinanziert ist.
II. Der AG haftet für die Gleichbehandlung der Angestellten bei der betrieblichen Altersversorgung. Bei unterschiedlichen Beitragshöhen, Rentengarantiezeiten, Hinterbliebenenversorgungen, Berufsunfähigkeitsabsicherungen, etc. können „benachteiligte“ Arbeitnehmer/ innen nachträglich eine Angleichung verlangen.
III. Reichen die Leistungen der abgeschlossenen Versicherungsverträge für die zugesagten Leistungen nicht aus, haftet der Arbeitgeber für die Leistungen der abgeschlossenen Zusagen (bspw. der lebenslangen Rente) und muss eigenständig dafür aufkommen.
IV. Das BetrAVG ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz und verlangt einige operative und verwaltungstechnisch saubere Prozesse, die während, vor und nach der Versorgungszusage einzuhalten sind.
V. Bei einer arbeitnehmerfinanzierten Entgeltumwandlung sind Sie zusätzlich seit diesem Jahr dazu verpflichtet, diese mit einem anzurechnenden Arbeitgeberanteil von 15% zu fördern. Dies gilt auch für Altzusagen.
VI. ….
Trotz der obigen skizzierten Gefahrenpotentiale, ist es mit der richtigen Vorbereitung und Sachkunde ein wertvolles Werkzeug zur Gestaltung der Arbeitgebermarke, zur Positionierung auf dem Arbeitsmarkt und ein besonderer Mehrwert für Angestellte. Mit der klugen Auswahl von Versicherungen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit kaum Verkaufsoptionen zulassen (bei Kenntnis der kaufenden Partei) und der Analyse bereits bestehender Verträge, beschreitet man den ersten Schritt in die richtige Richtung.
Als Steuerberater begegnen Sie offenkundig der Thematik meist erst einen Schritt zu spät. Bei Mandatsübernahme oder wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden, treffen Sie meist schon auf ausgehandelte Altersvorsorgemodelle, die selten homogener Natur sind und ein breites Spektrum an unterschiedlichen Verträgen aus neu abgeschlossenen und übernommenen Verträgen vorweisen. Ein guter Risikoindikator ist hierbei die Lohnbuchhaltung bei entsprechend verschieden verbuchter bAV Beiträgen. Hier kann es einen bedeutenden Beratungsmehrwert von Ihrer Seite geben, indem Sie Ihren Mandanten auf die Situation hinweisen, da es vermutlich keine einheitliche Versorgungsordnung gibt.
Eine Versorgungsordnung legt fest, inwieweit und in welchem Umfang Arbeitnehmer im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge und betrieblichen Krankenversicherung im Unternehmen partizipieren können. Hier werden die entsprechenden Durchführungswege definiert und aufgezeigt.
Diese sollte in enger Kooperation zwischen einem fachkundigen Juristen und einem qualifizierten und erfahrenen bAV Berater erarbeitet werden, sodass Sie Ihren Mitarbeitern verantwortungsbewusst einen Baustein zur Altersvorsorge bieten können und Sie im späteren Verlauf kein böses Erwachen erwartet.
Dies minimiert neben haftungsrelevanten Themen die Bürokratie, entlastet die Buchhaltung und fördert die Transparenz in der Arbeitgeber-Arbeitnehmer Kommunikation. Mit anderen Worten reduziert man so die Lautstärke des Flurfunks und dass sich vielleicht einzelne Mitarbeiter benachteiligt fühlen.
Handlungsempfehlungen bei bestehenden heterogenen Versorgungskonzepten
Bei bestehenden Verträgen ist gestalterische Kreativität gefragt. Diese bietet aber für Arbeitnehmer und Arbeitgeber viel Potential, einen erhöhten nicht monetären Mehrwert im Unternehmen zu schaffen und stärkt ihre Beratungskompetenz gegenüber dem Kunden.
Ein etablierter und vorteilhafter Durchführungsweg ist die Kombination mit einer betrieblichen Krankenversicherung, die mit geringen Beiträgen eine novellierte Versorgungsordnung auch für Besitzer von Altverträgen schmackhaft werden lässt.
In diesem Fall würden Altzusagen beitragsfrei gestellt oder durch den Mitarbeiter privat weitergeführt und ein neues einheitliches Vertragswerk für alle Mitarbeiter mit Direktversicherungen etabliert werden. Beim neuen Versicherer ist darauf zu achten, dass Arbeitgeber ausschließlich für die gezahlten Beiträge haftbar gemacht werden können und nicht für die in der Leistungsphase zu zahlenden Renten. Damit Arbeitnehmer diesem Konzept und der neuen Versorgungsordnung zustimmen, wird auf Basis des Sachlohns eine betriebliche, für den AN steuerneutrale, betriebliche Krankenversicherung etabliert, die für den AG steuerlich komplett abzugsfähig ist und dem Arbeitnehmer eine verbesserte Gesundheitsversorgung ermöglicht.
Das spannende hierbei ist, dass Gesundheitsprüfungen vermieden werden können und so auch AN, die ansonsten nur unter erschwerten Bedingungen private Zusatzversicherungen abschließen könnten, zu den gleichen Konditionen versicherbar sind.
Exkurs: Run-off
Unter dem Begriff „Run Off“ bekamen einige Pensionskassen, vor allem im Hinblick auf medizinische Fachangestellte, eine zynische Popularität mit dem Verkauf einer der größten Pensionskassen für Angestellte im Heilwesen an einen chinesischen Investor mit Hauptsitz in Shanghai.
Aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit und evtl. fehlender Kapitaldecke, oft begründet mit der aktuellen Niedrigzinsphase und regulatorischer Vorschriften, stellten einige Versicherer ihr Neugeschäft ein und verkauften in den letzten Jahren ihre Bestände in so genannte Run Off – Abwicklungsgesellschaften. Hier ist ein Interview mit Herrn Prof. Hermann Weinmann aus der Finanztest 11/2017 lesenswert, der richtigerweise argumentiert:
Man kann sich aber schon fragen: Wenn es der bisherige Eigentümer nicht geschafft hat, ein ertragsschwaches Unternehmen zu sanieren, wie soll es die Run Off Gesellschaft schaffen?
(Finanztest 11/2017 Interview mit Prof. Hermann Weinmann)
Die Haftungspotentiale für Arbeitgeber, die sich hieraus in der Leistungsphase ergeben können, sind nur schwer prognostizierbar. Konsolidierend lässt sich hier nur festhalten, dass in der Regel der Arbeitgeber für Versorgungslücken aufkommen muss.
Lösungsvorschlag
Die betriebliche Altersversorgung ist ein wichtiger und aufgrund der geringen zu erwartenden gesetzlichen Renten ein unabdingbarer Baustein für die private Vorsorge und eine Minimierung des Altersarmutsrisikos.
In der Zusammenarbeit mit Steuerberatern haben wir Checklisten erarbeitet, die auf Risikoindikatoren hinweisen und neben denen der Altersvorsorge auf weitere spannende Beratungsfelder hinweisen. Lassen Sie uns gemeinsam das Haftungspotential Ihrer Mandanten minimieren, zusätzlich deren Mitarbeitern einen besonderen Mehrwert schaffen und ganz nebenbei Ihre Reputation gegenüber dem Mandanten stärken.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema Unternehmensberatung.
Bildquellen
- Betriebliche Altersversorgung – Haftungsfallen: ASDF