In Anlehnung an unseren Vortrag während der Fortbildungswoche der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der vor Ort entstandenen Fragen bzgl. Versicherungen für Studenten, möchten wir mit den gängigen Vorurteilen aufräumen und auf Fallstricke innerhalb von Versicherungsverträgen hinweisen.
Gemäß unserem Motiv: Gemeinsam, Kompetent & Zukunftsorientiert möchten wir daher auch für den medizinischen Nachwuchs bzw. Assistenzärzte nachhaltige Absicherungslösungen konzeptionieren. Doch sollten wir vielleicht vorab klären, ab wann eine eigene Absicherung Sinn macht und zu welchem Zeitpunkt man sich spätestens mit eigenen Versicherungslösungen beschäftigen muss.
Grundsätzlich ist das 25. Lebensjahr ein wichtiger Orientierungspunkt, sofern man noch in der Erstausbildung oder noch nicht berufstätig ist. Auch wenn sich ein genauer Zeitpunkt nur schwer pauschalisieren lässt, kann man daher sagen, dass in etwa in der Mitte des Studiums die meisten Versicherungen von Bedeutung werden. Um etwas Übersicht in das Chaos von vielen verschiedenen Anbietern und deren noch größerer Vielzahl an Angeboten zu bringen, sollte man grob zwischen drei verschiedenen Teilbereichen bzw. Risikoarten unterscheiden. Wie in der Abbildung dargestellt benötigt man eine Absicherung im Krankheitsfall oder allgemeiner für gesundheitsrelevante Themen, ein Konzept für Sach- und Haftpflichtrisiken und zu guter Letzt eine Sicherung der Vermögenswerte. In diesem Artikel wird der Hauptfokus auf dem Gesundheitsaspekt liegen und die anderen Bereiche erst einmal ausgeblendet.
Gesundheit
Wer sich für einen Heilberuf entscheidet, dem wird schnell klar, dass eine gute Krankenversorgung zwar grundsätzlich jedem zur Verfügung stehen sollte, doch wir uns in unserem System in einer besonders privilegierten Situation befinden. Unser System kostet täglich mehr als 1 Mrd. € und im internationalen Vergleich sind wir gemeinsam mit Schweden, der Schweiz und den Niederlanden auf Platz 2 hinter den USA, wenn man die Gesundheitsausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt setzt. Die Finanzierung ist in Deutschland in einem dualen System verankert, dass sich zusammensetzt aus privaten und gesetzlichen Krankenkassen. Ob man pflichtversichert in der gesetzl. Krankenversicherung ist oder ob man sich freiwillig privat versichert hängt vom monatl. Einkommen ab. Die derzeitige Richtgröße beläuft sich auf 5062.- € monatliches Bruttoeinkommen, ab der man die Wahl hat sich freiwillig privat zu versichern.
Im Studium hat man generell die Möglichkeit, wenn ein Elternteil in der privaten Krankenversicherung versichert ist, dort vergünstigt mitversichert zu werden. Sofern dies der Fall ist und man sich aufgrund des Alters oder dem Übergang in die Assistenzarztzeit selbst versichern muss, ist es sehr ratsam eine Anwartschaft auf Wiedereintritt zu alten Bedingungen abzuschließen. Was heißt das genau? Eine Anwartschaft lässt sich grob unterscheiden in zwei verschiedenen Arten. Die kleine Anwartschaft „friert“ den Gesundheitsstatus ein, sodass bei Wiedereintritt in die private Krankenversicherung zu einem späteren Zeitpunkt ohne erneute Gesundheitsprüfung stattfinden kann. Dies hat den Vorteil, dass zwischenzeitliche Erkrankungen oder Verletzungen zu keinen Beitragserhöhungen oder Ablehnungen führen können. Neben der kleinen Anwartschaft hat man die Möglichkeit eine große Anwartschaft abzuschließen. Diese ist dann sinnvoll, wenn man mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wieder privat versichert sein möchte, denn dort setzt man neben dem Gesundheitsstatus auch das Eintrittsalter fest, sodass die Prämien auch bei einem späteren Wiedereintritt deutlich geringer sind, als diejenigen, die man mit fortgeschrittenem Alter erhalten würde.
Wieso ist die private Krankenversicherung interessant und welche Vorteile bietet sie?
Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bemessen sich prozentual am Bruttoeinkommen und sind erst ab der Beitragsbemessungsgrenze von 4537.- € im Monat gedeckelt. Private Versicherungspolicen kalkulieren sich auf der Basis der verursachten Kosten der Versichertengemeinschaft. Dies bedeutet, dass entsprechend des Krankenstandes bzw. der in dem Tarif zusammengefassten Personen der Beitrag kalkuliert wird. Es lohnt sich daher nachzurechnen und neben den zusätzlichen Leistungen, die in der privaten KV mit inbegriffen sein können (Alternative Heilmethoden, Offener Heilmittelkatalog, Chefarzt, 1-2 Bettzimmer…), die Beiträge sehr genau anzuschauen.
Lohnt sich eine KV-Zusatzversicherung?
Wenn man während des Studiums oder der Assistenzarztzeit auf Zusatzleistungen nicht verzichten möchte, hat man die Möglichkeit mit so genannten privaten Zusatzversicherungen genau die Leistungen zu versichern, die man gerne haben möchte. Hier sind bspw. Zahnzusatz-, ambulante oder stationäre Tarife zu nennen. In der Beratung fällt hier allerdings oftmals auf, dass die Tarife sehr intransparent und verklausuliert formuliert sind. Hier sollte man sich gut beraten lassen und genau hinterfragen, welche Behandlungen zu welchen Teilen mitversichert sind, bevor es nachher zu horrenden Rechnungen kommt, die die Versicherungen ausschlagen.
Übrigens bieten mittlerweile viele Arbeitgeber eine betriebliche Krankenversicherung an. Diese sollte man nicht mit der Betriebskrankenkasse (BKK) verwechseln. Die so genannte bKV ist eine Zusatzleistung des Arbeitgebers und kann von dem Zuschuss zur Brille bis hin zur Physiobehandlung einiges beinhalten. Sie kann viele der Leistungen einer KV-Zusatzversicherung schon beinhalten. Wichtig ist hier noch die Auslandskrankenversicherung zu nennen. Oft auch über den Arbeitgeber innerhalb einer bKV abschließbar, aber auf jeden Fall notwendig, wenn man mal in den Urlaub fährt. Ein besonderes Augenmerk sollte man hier auf besondere Risiken und einen Krankenrücktransport legen. Unter besondere Risiken würde ich bspw. die Bergrettung bei Ski- oder anderen alpinen Sportarten sehen.
Was brauche ich neben einer Krankenversicherung noch im Gesundheitsbereich?
Neben der Krankenversicherung gehören zwei Versicherungen zum grundsätzlichen Fundament der persönlichen Absicherung. Zum einen ist hier die private Berufsunfähigkeitsversicherung zu nennen, die die Absicherung durch die Ärzteversorgung in diesem Bereich komplettiert. Zum anderen, und diese ist nur selten bekannt, sollte man sich das Konzept einer Krankentagegeldversicherung genauer anschauen.
Hierzu wähle ich das Beispiel einer jungen Assistenzärztin, die krankheitsbedingt längere Zeit ausfällt und gesetzlich krankenversichert ist. Während des Assistenzarztzeit verdient man durchschnittlich zwischen 4200.-€ und 4500.-€ vor Steuern (brutto) und diese werden im Krankheitsfall von Seiten des Arbeitgebers sechs Wochen weitergezahlt. Nach sechs Wochen erhält man, sofern man gesetzl. Krankenversichert ist, Krankengeld. Der Anspruch auf gesetzliches Krankengeld ist auf 70% des kv-pflichtigen Bruttoeinkommens (3.080,00 €) bzw. 90% des Nettoeinkommens (Auszahlungsbetrags) (2.329,72 €) beschränkt. Dies sind also 2.329,72 € monatlich. Zur Ermittlung der sozialversicherungspflichtigen Abzüge sind 80% des sv-pflichtigen Bruttoeinkommens (3.520,00 €) zu berücksichtigen. Der Krankengeld-Empfänger zahlt dabei nur die Beitragsanteile bezogen auf das Brutto-Krankengeld. Die i.d.R. höhere Differenz zahlt die Krankenkasse. Nach Abzug von Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung von 287,14 € verbleiben monatlich 2.042,58 € netto. Es ergibt sich eine monatliche Lücke von 545,88 €. Um diese Lücke zu schließen, kann man ein Krankentagegeld abschließen, dass zwischen 3-5 Euro im Monat kostet.
Neben diesem kleinen Kniff ist man ab der Assistenzarztzeit Pflichtmitglied der Ärzteversorgung und genießt dadurch einige Vorzüge, die nicht berufsständisch organisierten Berufen oftmals verwehrt bleibt. Hierzu zählt bspw. eine rudimentäre Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese beinhaltet in den meisten Versorgungswerken nur eine Absicherung (hier sind die Satzungen der Ärzteversorgungen unterschiedlich), die in Grenzsituationen für das Auskommen sorgt, sofern keiner anderen Tätigkeit im Gesundheitswesen (z.B. als Gutachter) nachgegangen werden kann oder die Tätigkeit als Arzt in keinem Teilbereich ausführbar ist. Analog zur Anwartschaft in der KV kann man in jungen Jahren eine BU Starter Police abschließen. Dies geht bei einigen Versicherungen auch schon während des Studiums. Diese Versicherungen bieten den Vorteil eines BU Schutzes schon während des Studiums und eine Erhöhung der Police zum Berufseinstieg ohne Gesundheitsprüfung. Dies bietet neben dem niedrigeren Beitrag beim Eintritt auch den Vorteil, dass man aufgrund von Verletzungen und Erkrankungen keine Probleme bekommt oder zu einem späteren Zeitpunkt Ausschlüsse befürchten muss. Um im BU Fall einen reibungslosen Einstieg zurück in die Berufswelt zu ermöglichen und ob dieser erst in Teilzeit oder für sich neu definiert wird, ist es wichtig, sich privat abzusichern. Achten sollte man dabei, dass die Versicherung keine Verweisung beinhaltet und in der man ab 50% Berufsunfähigkeit Ansprüche besitzt. So stellt man sich breit auf und kann flexibel bis zu 80% in der alten Stelle arbeiten, ohne auf eine zusätzliche Unterstützung durch die Berufsunfähigkeitsversicherung zu verzichten.
Wo liegt denn nun der Unterschied zwischen „krank“ und „berufsunfähig“ und wann zahlt welche Versicherung?
Hier kommen wir zu einem Punkt, den man nicht einheitlich beantworten kann, denn es kommt auf die jeweilige Versicherung an. Diese Antwort mag in erster Hinsicht mehr Verwirrung schaffen, als dass sie Klarheit stiftet, aber eigentlich ist es ganz einfach, wie man mit dieser Antwort als versicherte Person umgehen kann bzw. man die Frage zurück an die Versicherung spielt. Das Krankentagegeld und die Berufsunfähigkeitsversicherung sollten bei der gleichen Versicherung sein und schon umgeht man viele Probleme bzgl. der Anerkennung des BU-Status. Ein Schwebe Status zwischen dem KT und der BU wird so vermieden. Falls man aufgrund von gesundheitlichen Problemen oder anderer Gegebenheiten keine Möglichkeit hat, sich für eine Berufsunfähigkeit abzusichern oder extremeren bzw. unfallträchtigeren Sportarten nachgeht, bietet sich eine Unfallversicherung an, die zumindest einen Teil des Invaliditätsrisikos abdeckt.
Herzlichen Glückwunsch! Du hast es geschafft! Der erste Teil über gesundheitsrelevante Themen liegt nun hinter dir und ich hoffe, dass ich ein wenig Licht ins Dunkele bringen konnte. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Richtig spannend wird es erst, wenn man sich während der Niederlassung bzw. Existenzgründung in die unendlichen Tiefen des Versicherungsvertragsrechts hinab begeben muss und individuelle Sonderkonzepte geschnürt werden müssen.😉
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Bildquellen
- Versicherungen für Studenten: pikselstock